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ENDLICH ARBEIT

Nach mehr als einem Monat haben wir endlich angefangen zu arbeiten!!!

Mein Projekt heißt „Fundación Amanecer“ und besteht aus 9 Häusern, unter anderem auch einer Schule, die in ganz Cochabamba verteilt sind. In den Häusern wohnen Jungen und Mädchen aus verschiedenen Altersgruppen, die auf der Straße gelebt haben und denen nun die Möglichkeit geboten wird, ihr Leben zu verbessern und an eine Zukunft zu denken. Das bedeutet übrigens auch das Wort Amanecer = Neubeginn, neuer Tag. Sie erhalten nicht nur ein Bett zum Schlafen und etwas zu essen, auch medizinische Versorgung und schulische Unterstützung gehören zum Programm. Wenn die Kinder noch Familie haben, wird versucht diese wieder in ihre Familien zu integrieren. Wenn das allerdings nicht der Fall ist, werden die Kinder nach einiger Zeit in anderen Heimen, bei Pflegefamilien oder bei ihren Paten untergebracht. Mit meiner Mitfreiwilligen Laura lebe ich zusammen in einem Haus von der Fundación, in „Casa Nazareth“. Wir leben dort zusammen mit 8 bis 12-jährigen Jungen von der Straße, arbeiten tun wir allerdings in einem anderen Haus („Madre de Dios“) zusammen mit 9 bis 18-jährigen Mädchen. Mir gefällt es gut, dass wir nicht in dem Projekt leben, in dem wir auch arbeiten, denn so haben wir einerseits ein bisschen mehr Freiheit, bzw. eine gewisse Distanz zwischen Arbeit und Freizeit und andererseits haben wir auf diese Weise mit Mädchen und Jungen zutun.

In meinem Projekt fühle ich mich richtig wohl, zu Beginn waren die Mädchen noch ein wenig distanziert, das Eis ist aber mittlerweile gebrochen. Schon am ersten Arbeitstag wurden wir total freundlich mit Gitarrenklängen und Gesang auf Quechua, einer indigenen Sprache Boliviens, begrüßt. Wir arbeiten momentan mit ca. 25 Mädchen zusammen und haben unterschiedliche Aufgaben. Morgens, wenn die meisten Kinder in der Schule sind, übersetzen wir Karten der Kinder an ausländische Paten, welche die Kinder finanziell unterstützen. Die meisten Paten leben in Kanada oder in den Vereinigten Staaten, weshalb wir die Karten ins Englische übersetzen. Die Arbeit gefällt mir gut, da wir auf diese Weise Englisch und Spanisch verbessern können. Wenn die Kinder dann gegen Mittag aus der Schule kommen, helfen wir ihnen bei generellen Aufgaben wie beim Putzen und beim Wäschewaschen. Anschließend unterstützen wir sie bei schulischen Aufgaben. Während man in Deutschland davon ausgehen würde, dass ein Kind mit 18 Jahren Lesen und Schreiben kann, trifft man in unserem Projekt auf Mädchen, die ihr ganzes Leben kaum in der Schule waren und mit 18 Jahren kaum Lesen und Schreiben können. Leider brauchen die Kinder trotz Hilfe sehr, sehr lange für ihre Hausaufgaben, meist sitzen sie bis abends daran, sodass es uns schwerfällt, eigene Aktivitäten zu planen. Bald sind allerdings Ferien, das bedeutet, mehr Zeit für eigene Projekte. Für die Jubiläumsfeier unseres Projekts im August möchten wir gerne einen traditionellen Tanz einüben, die Mädchen sind begeistert von dieser Idee.

Insgesamt sind die meisten Mädchen sehr gut gelaunt und zufrieden in dem Haus und man merkt ihnen nicht an, dass sie von der Straße kommen und schwerwiegende Erfahrungen gemacht haben. Viele von ihnen wurden von ihren Eltern nicht gewollt oder sind verstoßen, misshandelt, geschlagen oder zur Prostitution freigegeben worden. In einigen Fällen sind die Eltern Alkoholiker oder leben selber auf der Straße. Die meisten der Kinder haben auf der Straße Drogen konsumiert und gestohlen. Einige der Mädchen haben mir erzählt, dass sie nicht zu ihren Familien zurückkehren wollen, sie haben ihren eigenen Willen und ihre eigene starke Meinung. Auf der anderen Seite gibt es allerdings auch Mädchen, die unzufrieden sind und sich in dem Haus nicht wohlfühlen. Diese Mädchen vermissen ihre Familien, besonders ihre Geschwister oder sind nicht offen dafür, Normen und Werte zu lernen und wollen keine Verantwortung übernehmen, für sie ist ein ungeregelter Ablauf, den das Leben auf der Straße mit sich bringt, einfacher, sie sind rebellisch und wollen sich nichts vorschreiben oder sagen lassen. In den letzten Monaten haben Laura und ich tatsächlich miterlebt, wie zwei der Mädchen zurück auf die Straße geflüchtet sind. Das eine (10-jährige) Mädchen wurde wenig später von der Polizei gefunden und ins Heim zurückgebracht. Sie hatte am Busterminal alleine auf einer Plastikplane geschlafen.

Zu Tränen gerührt war ich, als die kleinen Geschwister eines Mädchens ins Heim kamen und sich die Geschwister wieder vereinigen konnten. Der Mann, der die beiden brachte, erzählte, dass die Eltern sich nicht kümmerten, ihre Kinder schlugen und auf die Straße schickten. Das war kaum zu fassen für mich, als ich die drei sah, wie sie sich in den Armen hielten, der eine Junge vielleicht 5 Jahre alt, die Mädchen 8 und 10 Jahre alt. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nie erlebt. Die kleine Schwester lebt jetzt mit ihrer großen Schwester im Heim, der Junge kam in ein anderes. Es ist wirklich rührend, wie sich die große Schwester um ihre kleine Schwester kümmert.

Ab und zu ist es wirklich sehr emotional und es ist auch nicht immer alles einfach zu verdauen, aber im Großen und Ganzen gefällt mir die Arbeit mit den Kindern wirklich gut und ich bin froh, dass ich für sie da sein und sie unterstützen kann.

Vor Kurzem fand die Jubiläumsfeier der Schule ("San Vicente de Paúl") unseres Projekts statt, bei der die Schüler auch jede Menge getanzt haben und an welchem Tag diese Bilder (siehe unten) entstanden sind. Die Mädchen tragen traditionelle Trachten.


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