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Die etwas andere Seite Boliviens

Hola, da bin ich wieder! Der gestrige Tag war ein reinstes Abenteuer...

Kurze Einleitung: Vorgestern haben wir Hernan kennengelernt. Hernan ist 27 Jahre alt, (zufälligerweise) Tierarzt und kommt öfter am Wochenende vorbei, um hier im Haus ehrenamtlich zu helfen. Nachdem er sich das Babykätzchen angeschaut hat, haben wir uns weitere 5 Stunden über alles Mögliche unterhalten. Er hat uns Lieder auf der Panflöte (zampoña) beigebracht (gar nicht so leicht zu spielen - man braucht vieeeel Luft!) und uns sämtliche Videos von traditionellen Tänzen (zum Beispiel Tinku oder Caporales) auf youtube gezeigt. Außerdem haben wir über bolivianische Köstlichkeiten geredet und dabei die traditionellen Empanadas (gefüllte Teigtaschen mit Käse und Zwiebeln) gegessen-mhhm! Hernan bot uns an am nächsten Tag gemeinsam die Stadt zu erkunden, das Angebot haben wir natürlich gerne angenommen!

Unser erstes Ziel war "La Cancha", einer der größten und bekanntesten Märkte in Lateinamerika. Dort gibt es wirklich ALLES! Von Elektrizitätswaren, Spielzeug, Musikinstrumenten, Kleidung, traditionellen Trachten, bunten Tüchern und Schuhen, über sämtliche Früchte, ohne Ende Fleisch und lebendige Küken, Quallen, Hunde, Fische, Katzen, Meerschweinchen bis hin zu Wahrsagern, die den Leuten ihre Zukunft vorhersagen können. Jeder einzelne Stand hatte seinen eigenen Flair und es war wirklich beeindruckend über den Markt zu laufen, es gab jede Menge zu entdecken. Besonders angetan war ich von den wunderschönen Pullovern aus Alpaka - und Lamawolle, an denen ich nicht vorbeigehen konnte, ohne einen mitzunehmen. Die Preise sind ein Wahnsinn - umgerechnet habe ich für den Pulli nur ca. 9€ bezahlt!

Natürlich gab es auch Dinge, die nicht so schön anzusehen waren, wie zum Beispiel die unzähligen, eingesperrten, auf engem Raum lebenden Tiere - Hunde und Katzen, die schon fast aufeinandergestapelt in einem Käfig zusammen lagen und denen man ansehen konnte, dass es ihnen nicht gut ging. Ein bisschen komisch wurde mir, als wir an aufgehängten Lamaföten, Rinderherz-Spießen, Kuhschnauzen, -schwänzen und -mägen, Stierhoden und Ziegenfüßen vorbeigelaufen sind. Aber das gehört hier eben zur Kultur, Lamaföten zum Beispiel bringen Glück, Rinderherzspieße sind eine Köstlichkeit (Anticuchos) und aus mehreren zusammengebundenen Ziegenkrallen entsteht das Musikinstrument "Patitas", eine Rassel.

Auf dem Markt konnten wir leider keine Bilder machen, das wäre zu gefährlich gewesen, man muss dort wirklich auf seine Sachen aufpassen, denn besonders von Weißen wird erwartet, dass sie viel Geld haben und so wird man gerne beobachtet.

Es ist auch keine Seltenheit, dass weiße Leute mehr bezahlen sollen, als einheimische.

Hier ist es sehr wichtig, dass man gemeinsam zusammen isst und das Essen teilt. So waren wir mehr oder weniger gezwungen den Kuhmagen mit Reis ("Tripitas") zu probieren, den Hernan sich bei einer Cholita auf der Straße gekauft hat und schon hat diese den Preis um 2 Bolivianos erhöht...

Weiter ging es dann zu Fuß (da die Gondeln nicht fuhren) bei 30 Grad den ganzen Weg hoch zur Christusstatue "Cristo de la Concordia", welche mit 34 Metern die zweithöchste Christusstatue der Welt ist. Oben angekommen vergaßen wir direkt wie erschöpft wir eigentlich waren, so fasziniert waren wir von einem tollen Ausblick auf ganz Cochabamba!

Danach fuhren wir zum See "Alalay", dieser riesige See befindet sich südlich der Stadt, mit einer Fläche von 240 Hektar. Der Name des Sees ist ein Wort der indigenen Quechua-Sprache, die in den Andenregionen noch stark verbreitet ist. Es bedeutet „frío“ (= kalt), da er im kältesten Teil der Stadt liegt. Die Gegend um den See herum ist außerdem sehr gefährlich, wir haben tatsächlich mit eigenen Augen gesehen wie in der Ferne eine Person von Straßenkindern ausgeraubt wurde.

Im Norden, dort wo wir wohnen, konnte ich bis jetzt unbesorgt auf die Straßen gehen und hatte nie ein mulmiges Gefühl im Bauch, doch je weiter man in den Süden fährt und je dunkler es wird, desto gefährlicher ist es auf den Straßen.

Nächstes Ziel war das nahgelegene Viertel "Quillacollo", dort liefen wir durch eine Einkaufsgasse mit unzähligen Läden und unglaublich viel Straßenessen, ein bisschen wie der La Cancha - bloß in klein. Dort bemerkten wir, wie wir von einem Jungen verfolgt wurden. Hernan vermutete, dass dieser Straßenjunge sich vermutlich nur an uns orientierte, da er höchstwahrscheinlich auf Drogen war. Etwas verblüfft versuchten wir das gerade Geschehene zu verarbeiten und uns auf den nächsten Ort einzulassen.

Mit dem Trufi-Taxi ging es weiter in das etwas abgelegene, kleine Dorf "Tiquipaya".

Als Laura den Taxifahrer bezahlen wollte, bekam sie statt 4 Bolivianos unglaublich viel Kleingeld zurück. Ehe wir nachzählen konnten, fuhr dieser auch schon weiter und so bemerkten wir erst viel zu spät, dass sie mal eben 41 Bolivianos zu viel wiederbekommen hatte. Hernan hat das nicht sehr verwundert, er meinte bloß, dass der Fahrer höchstwahrscheinlich betrunken war, was hier angeblich nichts Ungewöhnliches ist und durchaus mal vorkommt.

All diese Eindrücke klingen wahrscheinlich schlimmer als sie wirklich waren, uns ist ja nichts passiert! Aber auch diese "schlechten" Eindrücke gehören dazu, da sie das Land genauso widerspiegeln wie die guten Eindrücke und natürlich nicht immer alles gut ist. Dieser Tag hat mich sehr geprägt, ich habe mit eigenen Augen Dinge gesehen und erlebt, die ich in dieser Form noch nicht in Deutschland erfahren habe. Auch, wenn mir teilweise etwas mulmig zumute war, bin ich froh, dass ich diese Erfahrungen gemacht habe, nicht nur, weil ich das Land mit allen Facetten besser kennenlerne, sondern auch um einige Gegebenheiten in Deutschland, wie zum Beispiel Sicherheit und Ordnung, mehr zu schätzen.

Ganz liebe Grüße und bis bald,

Anna


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